Jericho

Als Vikar war ich Teilnehmer einer Studienreise nach Israel. Wir waren in Jerusalem an der Klagemauer, auf dem Tempelberg, in der Grabeskirche und natürlich in Yad Vashem. Wir waren zu Gottesdiensten in einer traditionellen und in einer Reformsynagoge. Wir besuchten israelische Familien und palästinensische Kirchengemeinden und bekamen von letzteren gezeigt und erklärt, welche Konsequenzen der Siedlungsbau israelischer Siedler für die Bevölkerung im Westjordanland hat - schon damals vor fast 40 Jahren.

Wir wanderten durch die Wüste, wir waren am Toten Meer, wir besuchten Bethlehem und so vieles mehr. Am vorletzen Tag saß ich mit zwei Vikarskollegen in einem Café. Dort kamen wir ins Gespräch mit zwei Palästinensern in unserem Alter. »From Germany« sagten wir, als sie uns fragten woher wir kämen. Und einer antwortete. »Deutschland ist gut. Hitler ist gut.«

In dieser Woche jährte sich der furchtbare Terrorangriff der Hamas: Morde, Vergewaltigungen, Verschleppungen und der Beginn eines entsetzlichen Krieges.

Und nun fällt gerade in diesen Tagen ein Predigtauftrag auf meinen Schreibtisch und ein Text: Die Vorgeschichte von der Zerstörung Jerichos. Sie ließt sich wie eine Blaupause für die Zerstörung von Gaza-Stadt oder wie das Vorbild für den Überfall auf das Musikfestival und die Kibbuzim.

Manche sagen: »Ich mag das Alte Testament nicht. Das hat so viele blutige Geschichten.« Geschichten sind nur Geschichten, schlimm ist die Wirklichkeit. Ja - man kann versuchen, sie auszublenden. Aber Nein, man muss doch hingucken.

Nun liegt für Sonntag dieser Predigtauftrag vor mir. Das Thema ist eigentlich zu groß. Aber man muss doch hingucken und auch nach einem Weg suchen, wenigstens für den eigenen unbedeutenden Weg.

Und man muss für die beten, die nach dem großen Ausweg suchen, und dass die zarten Hoffnungen dieser Tage wachsen, groß werden und zum Frieden führen.
Freunde, dass der Mandelzweig
Wieder blüht und treibt,
Ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt?

Dass das Leben nicht verging,
Soviel Blut auch schreit,
Achtet dieses nicht gering,
In der trübsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg,
Eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg
Leicht im Winde weht.

Freunde, dass der Mandelzweig
Wieder blüht und treibt,
Ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt?
Schalom Ben-Chorin 1981 nach Jeremia 1,11

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By Baden de, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=56508172