Ich hab darüber nachgedacht, ob Tiere, z.B. Möwen oder Steinböcke oder die Kühe auf der Weide, gläubige Wesen sind. Und ich habe mich gefragt, ob die Berge oder die Bäche oder die einsamen Kometen auf ihrer Bahn eine Ahnung davon haben, dass sie genau dort auf ihrer Bahn oder auf ihrem festen Platz sind, weil der Schöpfer ihnen diese Bestimmung gegeben hat.
Man kann darüber sehr lange nachdenken, ohne zu einem wirklich belastbaren Ergebnis oder auch nur zu einer plausiblen Theorie zu gelangen. Aber ich habe eine Vermutung: Sie wissen es nicht! Und das tut mir wirklich leid, dass sie die ihnen geschenkte Würde und Schönheit nicht kennen.
Was ich aber mit großer Überzeugung sage ist, dass wir Menschen mit einem Sensus ausgestattet sind, um genau diese auch uns geschenkte Würde und Schönheit zu erkennen. Mit demselben Sinn sind wir zugleich in den Lage wahrzunehmen, dass sich unsere Existenz und die des ganzen Universums einem Willen verdankt. Diesen Sinn nennt man Spiritualität.
Wenn es aber einen Sinn gibt, dann gibt es auch das dazugehörige Signal. Wir haben Augen, weil es das Licht gibt. Wir können hören, weil die Welt voller Geräusche, Klang und Sprache ist. Gäbe es keine Aromen, so hätte sich kein Geschmackssinn entwickelt. Und dass wir einen Sinn für das Spirituelle haben korrespondiert damit, dass der Spirit Gottes das Universum durchwirkt.
Darum geht es in der Epiphaniaszeit, die immer am 6. Januar beginnt und in diesem Jahr bis zum 8. Februar dauert. Das Wort Epiphanias ist aus dem griechischen Wort ἐπιφάνεια (epiphaneia) abgeleitet und bedeutet »Erscheinung«. Diese Erscheinung ist kein Dauersignal. Dieser Spirit ist kein Hintergrundrauschen, das ununterbrochen und überall zu empfangen wäre. Aber ich glaube, dass es jedem Menschen einige Male in seinem Leben geschenkt wird, dass er erlebt: Hier ist mehr als Schönheit, mehr als Andacht, mehr als Glück – ist es Gottes Geist, der gerade mein Innerstes erreicht? Ich glaube, das ereignet sich seltener, als man einen Regenbogen sieht, aber öfter als man von einer Sternschnuppe überrascht wird. Einge Male im Leben, dann aber so klar und intensiv, dass man es nie vergisst und dass es dafür reicht, dass Menschen zu gläubigen Wesen werden.
Ein Naturerlebnis, eine Bewahrung in Gefahr, eine Gedichtzeile, die Geburt eines Kindes, ein Choral oder auch ein Schlager ... alle möglichen Signale können diesen besonderen Sinn stimulieren und ein Mensch spürt: Hier ist mehr als Natur, mehr als Kultur, mehr als ein Zufall.
Epiphanias bedeutet: Gott ist nicht im Himmel sondern Gott ist in der Welt.