Zwei Weihnachtsgeschichten

Es gibt Geschichten, die so schön sind und leicht zu verstehen, dass man mit eigenen Worten nichts mehr besser machen kann. Dann muss man aufpassen, sie nicht zu zerreden. Man möchte sie nur erzählen.
Die Geschichte vom Gebot des Kaisers, von Maria und Joseph und dem Kind in der Krippe, die von den Hirten auf dem Felde und den Engeln gehört ganz sicher dazu.
Und auch wenn man sie genau kennt und in diesen Tagen schon gehört hat, ist es mein Rat, sie jetzt nicht zu überspringen, sondern sie noch einmal in Ruhe zu lesen.
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.

Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Lukas 2, 1-14
Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Das ist wirklich wunderbar erzählt. So viel ist daraus hervorgegangen. Also kein weiteres Wort. Alles ist gesagt. Stattdessen schicke ich noch ein Bild, ein wahrhaft weihnachtliches Bild – das wird sich gleich zeigen.
Lass dir das Bild anzeigen!
United Archives / WHA

Man sieht ein paar junge Männer beim Fußball spielen. Aber das scheint kein reguläres Spiel zu sein. Alles wirkt spontan und improvisiert. Vielleicht ist es gar kein richtiges Match, mehr so eine Art Kicken und Bolzen. Aber sie sind mit Feuereifer und großer Freude dabei. Das ist unschwer zu erkennen, obwohl das Foto technisch nicht perfekt ist. Auch das Foto scheint spontan und improvisiert geknipst zu sein, und man erkennt, dass es schon recht alt ist. Ganz genau 110 Jahre. Die Aufnahme entstand Heiligabend im Jahr 1914.

Dieses fröhliche Gebolze fand nicht auf einem regulären Spielfeld vielmehr auf dem Schlachtfeld des 1. Weltkriegs statt, im Niemandsland zwischen den britischen und deutschen Truppen. Es gibt eine ganze Reihe von Berichten über die besonderen Ereignisse am Weihnachtsfest des Jahres 1914 zwischen den Fronten. Manche von ihnen mögen ein wenig romantsich verklärt sein. Aber es sind ja so viele und es gibt Fotos, und es hat diesen Weihnachtsfrieden 1914 gegeben. Es wird erzählt von Bierflaschen und Schokoladenkuchen, die von einer Seite auf die andere getragen wurden. Und manche meinen auf diesem Foto zu erkennen, dass dieses Gebolze gar ein Länderspiel gewesen sei, der Klassiker: Deutschland – England.

Und das ist die zweite Weihnachtsgeschichte, die so schön ist und leicht zu verstehen, dass man sie nur erzählen muss. Und obgleich der Krieg danach auch mit großem Schrecken weiter geführt wurde, so ist diese Geschichte selbst unsterblich und nicht mehr aus der Welt zu bringen. Sie erzählt von den besseren Möglichkeiten, zu denen unsere Art fähig ist, und von der Kraft dieses Festes, das wir nicht ohne Grund Jahr um Jahr feiern und einander sagen:

Gesegnete Weihnachten and a happy new year!



O du fröhliche, o du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Welt ging verloren, Christ ist geboren:
Freue, freue dich, o Christenheit!
Johannes Daniel Falk 1819